Gestern ging es los. Mein Countdown zum diesjährigen Reeperbahnfestival 2011 in Hamburg.
Seit längerem bin ich für die Sektion “Campus” als Sprecher bestätigt und konnte mich in den letzten 14 Tagen über diverse Showcase- und Eventeinladungen freuen. Auch zum jährlichen Branchentreff der Musikwirtschaft bin ich eingeladen worden. Das ist der Event, bei dem traditionell das Reeperbahnfestival am Vorabend des ersten eigentlichen Tages eröffnet wird (und es gab erschreckenderweise kein +1).
Ab 18 Uhr konnte man sich daher gestern im Grünspan einfinden, um der feierlichen Eröffnung durch Oberbürgermeister Olaf Scholz beizuwohnen. Ich empfinde dieses Event immer als etwas steif und die angeschlagene Musikwirtschaft ist unter sich. Ein Großteil der Leute kennt sich, alle pflegen einen liebevollen Umgang miteinander, aber es wirkt doch – wie aber überall auch – immer etwas verlogen. Als Blogger und Internetjunkie muss man sich das so vorstellen, dass es so etwas wie ein kleines Klassentreffen für die Hamburger Szene der Musikbranche + ausgewählte Gäste ist. Ähnlich vielleicht iwe das, was viele gerade auf der dmexco machen. Man geht hin, weil man Leute kennt und treffen will, weil es der Job so erwartet, aber die Messe interessiert doch kaum noch, ist schmückendes Beiwerk.
So ähnlich kam mir das gestern Abend auch vor. Es war ein Klassentreffen, man genoss die 2-3 Freigetränke, die man aufgrund von “Gema”-Getränkemarken bekam, unterhielt sich mit einigen Bekannten und ignorierte geflissentlich die Eröffnungsreden von Olaf Scholz und den Vertretern der Musikbranche, u.a. Frank Otto. Frank (ferryhouse productions), den ich auch kenne und schätze, tat mir sehr leid. Er war als letzter der Grußworte Vortragenden an der Reihe und der Schallpegel merklich angestiegen. Traurig. Die eigene Branche hat keinen Respekt vor ihren Leuten.
Für mich war es mehr ein Vorbeischauen. Ich hatte anschließend noch vor, zum Jools Holland & Friends Konzert in der Fabrik zu gehen. Aber es war gut, dass ich auch im Grünspan war. So traf ich seit langem mal wieder auf Kerstin Eggert, die u.a. Promo für Ina Müller macht oder Lennart A. Salomon von der Band Sono. Auch Michel van Dyk und Konrad Wissmann (spielt jetzt bei Cosmopauli) habe ich wiedergetroffen – seit dem Ruben Cossani nicht mehr wirklich existiert, bin ich denen nicht mehr begegnet. Ich finde das sehr schade, dass sie nicht weiter am Erfolg gearbeitet haben – aber vielleicht tun sie es und ich weiß es nur nicht. Manchmal ist die Szene doch sehr verschwiegen. 😉
Die Opening-Band Gabby Young & Other Animals musste dann auch mit der Ignoranz und dem ansteigenden Alkoholspiegel der Anwesenheiten klarkommen. Ich war begeistert und hab auch ein wenig Impressionen für euch eingefangen:
Wem das gefällt: Gabby Young & Other Animals spielen heute Abend 23:15 bis 00:15 Uhr im Rahmen des Reeperbahnfestivals im Imperial Theater.
Bald ging es für mich dann aber nach Ottensen weiter, denn “Jools Holland & Friends” sollte gegen 21 Uhr in der Fabrik beginnen. Jools Holland ist in UK sehr bekannt und hat dort mit seiner Show “Later… with Jools Holland” fast jeden namenhaften Künstler unserer Zeit zu Gast. Seine neue CD aber hat er mit einigen deutschen Künstlern aufgenommen, u.a. Ina Müller, Roger Cicero und Herbert Grönemeyer.
Mittlerweile läuft die Show übrigens auch in Deutschland auf ZDFinfo (täglich 18 Uhr) und die CD kam am 16.09.2011 in die Läden.
Back to the concert: Es gibt nur eins zu sagen: FUCKING AWESOME! Es war großartig. Obwohl Jools nur mit Drummer und Bassist (Gilson Lavis, Dave Swift) unterwegs war statt mit seiner üblichen BigBand, war der Stimmung großartig und seine Fähigkeiten am Klavier kamen sehr gut zur Geltung. Und dann die großartigen Freunde, die er dazu eingeladen hatte, mit ihm an diesem Abend zu singen: Ruby Turner, Louise Marshall, Marc Almond, The Baseballs, Axel Zwingenberger, Ina Müller und Roger Cicero.
Die Mischung war großartig, obwohl ich schon etwas neidisch auf die Kölner und Berliner war, denn da spielte Herbert Grönemeyer mit Jools. Aber Roger hat echt einiges wett gemacht. Auch wenn ich seine neue Single viel zu seicht finde, der Pep fehlt und die Stilrichtung auch im Kleidungsstil völlig die falsche Richtung für mich zu sein scheint, packte er an Jools Seite die Facetten seiner Stimme aus, die er nie in seinen eigenen Sachen zu zeigen scheint. Im englischsprachigen Soul ist er auch wesentlich eher zu Hause als in der Schlager-Pop-Richtung, in der sich gerade pressen lässt. Hört selbst:
Zuvor war die Party aber schon in vollem Gange – zumindest bei mir und einigen um mich herum, denn die Fabrik war relativ leer, es gab noch genügend Restkarten an der Abendkasse, der Innenraum war zum Großteil bestuhlt – und genau diese Bestuhlung war der Grund, warum wir, die standen, so unglaublich mehr Spaß hatten. Die Menschen trauten sich nicht so abzufeiern, wie wir das weiter hinten getan haben. Ich tanzte mir schon bei den Baseballs so die Seele aus dem Leib, bei Roger und Marc Almond war das nicht besser, vor allem als Marc “Tainted Love” spielte. Großartigst! Ich mag seine Art, seine Stimme hat so viele Facetten und Möglichkeiten, mehr als nur Pop zu singen! Man muss ihn nur lassen – daher ein großes Danke an Jools Holland.
Für mich aber auch eine Bereicherung des Abends: Ruby Turner – eine der großen Damen des Boogie! Unglaubliche Stimmung bei ihren Songs, die Dame wusste zu rocken!
Alles in allem einfach ein großartiger Abend und an alle da draußen, lasst euch niemals ein Jools Holland Konzert entgehen, wenn er tourt! 35 Euro, die sich mehr als gelohnt haben, in diesen Abend investiert zu haben. Nachhaltig beeindruckt von der Klavierkunst, Entertainerqualität von Jools Holland und seinem Händchen, dann auch noch die passenden Musiker herum zu vereinen (der Drummer war übrigens ein “Gott”!).
Weitere Links füge ich später ein – dies ist on-the-road beim Reeperbahnfestival leider nicht so gut möglich. Ich bitte dies zu entschuldigen.