Wenn das alles ist, was bleibt…

Ich starre auf den Bildschirm. Eigentlich weiß ich, was ich schreiben will, doch irgendwas hemmt mich – und schon rollen mir die Tränen wieder über das Gesicht. Roger Cicero ist an Gründonnerstag mit nur 45 Jahren gestorben und ich trauere um ihn.

Nein, ich war kein Groupie und schon lange kein Hardcore-Fan mehr, doch auf meine Weise habe ich diesen Mann sehr in mein Herz geschlossen und verehrt. Er ist der Grund, dass ich das machen kann, was ich jetzt tue, dass ich meinen Weg in die digitale Kommunikation gegangen bin und glücklich bin, mit dem was ich für meinen Lebensunterhalt tue. Roger Cicero hat mir Türen geöffnet, von denen er gar nicht wußte, dass diese existieren.

Schon wieder breche in Tränen aus. Ich konnte ihm das nie sagen, was es mir bedeutet hat, ihn zu kennen und für gearbeitet zu haben. Drei Jahre (2007-2010) war ich für seine MySpace-Seite verantwortlich, habe diese aufgebaut, gepflegt und Community Management, HTML/CSS, Newsletter verfassen etc. von der Pike auf mir angeeignet und verinnerlicht – und so bin ich zu Social Media und meiner “Karriere” im Netz gekommen. Rund 15.000 Fans konnte ich auf MySpace versammeln und versorgte sie mit Informationen rund um Roger und die grandiose Big Band.

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Dafür reiste ich durch Deutschland und sah um die 50-60 Konzert von ihm mit seiner Big Band, mit seinem Vorgängerprojekt After Hours feat. Roger Cicero, zur Jazz Experience, zu Einzelkonzerten mit nur ihm und seinem damaligen Pianisten Lutz Krajenski uvm. Das letzte Mal live war 2013 mit der Jazz Experience in der Fabrik in Hamburg. Das nächste Mal wird nie wieder kommen…

Karten für Cicero singt Sinatra habe ich gekauft, denn ich gehöre schon lange nicht mehr zum engeren Kreis der Promotionmaschine um Roger Cicero. Gefreut hatte ich mich sehr darauf, doch seine Stimme ist für immer verstummt. Nächste Woche Freitag wird es leer sein in der Halle in Düsseldorf, in der er mit den Jungs auftreten sollte. Wenn ich daran denke, dann brechen unzählige Emotionen und Gedanken an Ereignisse an frühere Tage um ihn los. Ein emotionales Chaos, vor allem wenn ich an seinen Sohn Louis denke. Er hat seinen Vater mit nur knapp 8 Jahren verloren. 🙁

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Mein erstes Konzert von Roger Cicero & Big Band besuchte ich in der Alten Oper in Frankfurt 2006. Gefolgt von den Zusatzkonzerten im Februar 2007, bei dem ich das erste Mal gemeinsam mit ihm auf der Bühne stand, weil ich seine CD “Männersachen” gewann. Dies waren auch die Konzerte, bei dem die DVD zur Tour aufgenommen wurde.

Später hing ich mehr mit der Band ab, z.B. feierten wir in Rostock in meinen 27. Geburtstag hinein – und sie machten mich absolut betrunken. Bis heute kann ich keinen Jägermeister mehr anrühren. Danke, Lutz! 😉

Die Band und ihre Musiker schätze ich auch in anderen Projekten. Großartige Musiker, allen voran Lutz Krajenski, Hervé Jean, Matthias Meusel und Stefan Abel, die auch die ursprüngliche Formation der Band um Roger bildeten: After Hours.

Es waren schöne Jahre mit Swing und Soul auf Deutsch mit witzigen Texten. Ab und zu noch ein Konzert mit englischem Swing, Jazz und Soul – vor allem mit der Soulounge. Doch dann kam der große Bruch. Roger Cicero vollzog eine Stilwandel – sowohl weg von seinen wunderbaren Anzügen als auch in der Musik. Ich nenne es mal vorsichtig “Schlager-Pop-Mainstream”. Von da an spalteten sich die Fans. Alles zerfiel ein wenig. Drei Jahre lang war ich auf keinem Konzert von Roger und der Kontakt zu dem Hardcore-Fankreis wurde weniger und weniger. Dabei hatten wir einen tollen Zusammenhalt – Werner, Achim, Mike, Kerstin, Steffi, Ivy, Julia ich vermisse euch alle. In Hamburg schliefen Fans bei mir, ich übernachtete bei Nanni in Braunschweig, bei Katrin in Köln, bei Dirk in Troisdorf und ich konnte Freunde von Roger überzeugen.

Hans war einer davon. Beide sind nun tot. Viel zu früh (34 bzw. 45) sind sie aus meinem Leben gerissen worden.

(Edit) Zum Schluss hat er für mich wieder die Kurve gekratzt – Jazz Experience und Sinatra waren Back to the Roots für mich. Das hatte ich mir seit so langer Zeit gewünscht: Roger Cicero, den Jazzer und Soulmusiker wieder zu hören.

…und nun ist alles was bleibt Trauer, ganz viel Schmerz und ein paar Zettel mit Rogers Namen drauf, ein paar Einträge in den CD Booklets und Erinnerungen, die mit der Zeit verblassen werden. Wenn das alles ist, was aus 10 Jahren Roger Cicero & Big Band bleibt…

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Doch Roger Cicero wird immer derjenige Mensch und Musiker bleiben, den ich zutiefst verehre. Meine Tränen und Worte reichen nicht, dies zu verdeutlichen. Zwei Hände voll Jazz am Klavier sind nun vereint mit der Jazz- und Soulstimme meiner Generation. Farewell, Roger. Du fehlst.

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3 Gedanken zu „Wenn das alles ist, was bleibt…“

  1. Ich finde Deinen Beitrag einfach super, Du sprichst mir aus der Seele! Ich habe eine Frage, leider ist es nie dazu gekommen, daß ich ein Autogramm bekommen habe, es war immer der falsche Zeitpunkt und ich war fest entschlossen am 8. April in Düsseldorf mir ein Autogramm geben zu lassen. LEIDER ist es dazu nicht mehr gekommen, Ich habe Roger und sein Band bewundert und war in vielen Konzerten. Könntest Du mir vielleicht eine Autogramm Karte zukommen lassen? Das wäre super lieb, denn das und ein Foto mit ihm ist es was ich immer wollte und nun nie mehr bekommen kann. Du würdest mir damit einen riesigen Wunsch erfüllen.Liebe Grüße Deine Kati

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